Die richtige Bildbeschreibung

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Als blinder Mensch bin ich auf aussagekräftige Bildbeschreibungen angewiesen. Aber was bedeutet “aussagekräftig” in diesem Kontext? Wie sieht die perfekte verbale Beschreibung aus? Und was gehört eigentlich wohin?

Grundsätzliches

Bevor wir uns in den Details der Bildbeschreibung verlieren, müssen wir die Frage klären, was eigentlich wohin kommt. Als Ort für Beschreibungen haben wir

  • den Alternativtext
  • die Bildunterschrift
  • den eigentlichen Artikeltext und
  • eine extra Seite mit einer Bildbeschreibung

zur Verfügung. Dabei kümmere ich mich zunächst um Bilder, die Artikel illustrieren.

Der Alternativtext

Der Alternativtext soll nur das beinhalten, was auf den allerersten Blick zu sehen ist. Rund 80 Zeichen sollte die Beschreibung lang sein. Details sind zu vernachlässigen.

Die Bildunterschrift

Die Bildunterschrift kann Details enthalten. Beispielsweise Namen und Ort desjenigen, der auf dem Foto abgebildet ist, oder um welche Pflanze es sich auf dem Bild handelt. Alles also, was nicht direkt ins Auge springt.

Im Fließtext

Spezielle Aspekte in den Fließtext einzubetten, ist interessant, wenn es sich um sehr komplexe Bilder handelt. Beispielsweise können die Eigenheiten eines Gemäldes herausgestellt werden, die zu lang für die Bildunterschrift wären. Durch die Einbindung zusätzlicher Informationen in den Artikeltext haben zudem nicht nur Blinde etwas von den Beschreibungen.

Extra Seite für Bildbeschreibungen

Eine extra erstellte Seite für Bildbeschreibungen ist relativ selten anzutreffen. Ich persönlich würde vermutlich nicht draufklicken. Es sei denn, es handelt sich um ein Bild, dessen ausführliche Beschreibung mir besonders wichtig ist.

Wie beschreibe ich es denn nun richtig?

Die Beschreibung im Alternativtext kann knapp gehalten werden. Wichtig dabei ist, dass möglichst keine Interpretationen vorgenommen werden. Es soll also wirklich nur das erläutert werden, was auf dem Bild zu sehen ist. Nehmen wir als Beispiel das Bild einer Katze. Die Fellfarbe oder deutliche Auffälligkeiten wie besonders große Ohren passen in den Alternativtext. Das ist schließlich das, was ins Auge springt.

Die Rasse der Katze oder ihr Name sind in der Bildunterschrift besser aufgehoben. Das sind Informationen, die nicht direkt aus dem Bild hervorgehen und auch für die Besuchenden einen Mehrwert darstellen, die das Bild sehen können.

Wenn noch mehr Informationen zum Bild vermittelt werden sollen, dann empfiehlt es sich, diese im Fließtext unterzubringen. Das könnten Merkmale sein, auf die man besonders hinweisen möchte, wie eine bestimmte Maltechnik oder ein besonderer Einsatz von Farben. Alles also, auf das man das Augenmerk des Lesenden lenken möchte.

Daraus ergibt sich eine Struktur:

  • im Alternativtext das, was direkt ins Auge springt
  • in der Bildunterschrift das, was Zusatzinformationen darstellt
  • im Fließtext noch detailiertere Informationen

Lupe, Hamburgermenü und Co.

Ein moderner Webauftritt kommt kaum ohne sogenannte funktionale Grafiken für das Hamburgermenü oder die übliche Lupe, um eine Suche zu starten, aus. Wie werden diese Symbole eigentlich sinnvoll beschrieben? Die Antwort: Die Funktion, die ausgeführt wird, wird als Alternativtext gesetzt. Das Hamburgermenü wird also nicht “Hamburgermenü” genannt sondern “Menü” bzw. “Menü öffnen”. Die Lupe würde dementsprechend mit “Suchen” im Alternativtext beschriftet. Als Merksatz: Bei diesen Symbolen kommt ihre konkrete Funktion in den Alternativtext.

Hintergründe und andere Schmuckgrafiken

Rein dekorative Elemente sollen keinen Alternativtext bekommen. Echt? Warum erhalten sie keinen Alternativtext, obwohl sich Webdesigner und Sitebuilder doch so viele Gedanken über Layout und Illustration gemacht haben? Wenn ich blind im Internet unterwegs bin, dann interessieren mich ausschließlich Inhalte. Dazu gehören Artikelbilder und funktionale Grafiken. Hintergrund- oder Schmuckbilder hingegen haben keinen substanziellen Nutzen.

Jede Grafik, die “nur” hübsch aussieht, beschrieben zu bekommen, würde zudem einfach zu lange dauern und den Lesefluss stören.

Bilder auf Social Media

Bilder auf Social Media sollen ebenfalls beschrieben werden. Die Schilderung kann hier etwas ausführlicher sein. Als Faustregel gilt: Der Text soll beschreiben, was mit dem Bild transportiert werden soll. Hier darf es ruhig auch etwas weniger förmlich sein als bei einem Bild, das bei einem Fachartikel verwendet wird.

Bilder, die Screenshots von Texten darstellen, sind hierbei eine besondere Herausforderung, weil sie viel mehr Text darstellen, als in eine Bildbeschreibung passt. In solchen Fällen kann die Kernaussage als Bildbeschreibung verwendet werden. Das ist keine perfekte Lösung. Aber näher kommt man derzeit an sie leider nicht heran. Die Kernaussage zu haben, kann die Entscheidung erleichtern, ob der blinde Nutzende den Extraschritt geht und das Bild mit einer Texterkennungssoftware scannt. Dadurch kann dann der komplette Text auf dem Screenshot gelesen werden.

Persönliche Anmerkungen

Ich schreibe aus eigener Betroffenheit heraus, denn um Bilder wahrzunehmen zu können, bin ich darauf angewiesen, dass sie mit Beschreibungen versehen sind.

Bei Bildbeschreibungen habe ich schon nahezu alles erlebt. Vom lieblos hingerotzten Wort bis hin zur extrem ausführlichen Schilderung, die mir eine überzeugende Vorstellung davon gab, warum das Bild für den Artikel ausgewählt wurde. Aber es gibt auch Bildzuschreibungen, die einfach falsch sind. So stieß ich auf der Suche nach Anfahrtswegen auf ein Bild, das mir als “Anreise mit dem Flugzeug” beschrieben wurde. Als ich diese Seite in unserem Team zeigte, gab es großes Gelächter. Nachdem sich alle wieder gefasst hatten, erfuhr ich, dass darauf ein Linienbus zu sehen war.

Das Wichtigste nochmal in Kürze

  • Grafiken, die für das Layout verwendet werden, bekommen keine Bildbeschreibung und keinen Alternativtext.
  • Funktionale Grafiken (Hamburgermenü und Co) bekommen als Alternativtext das, was sie tun, und nicht das, was sie darstellen.
  • Bei Bildern in Artikeln gibt der Alternativtext nur das wieder, was auf den ersten Blick auf dem Bild zu sehen ist.
  • Die Bildunterschrift bietet zusätzliche Informationen, die nicht auf den ersten Blick aus dem Bild hervorgehen.
  • Komplexe Bildbeschreibungen, die mehr ins Detail gehen, sind als Fließtext zu gestalten.
  • Bild und Bildbeschreibung müssen zusammenpassen
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Dennis Westphal

Dennis ist IT-Berater bei der Gesellschaft zur Entwicklung von Dingen. Sein Gebiet ist die Barrierefreiheit. Hilfreich dabei: Dennis ist seit Geburt blind. Seine Screencasts erstellt er mit Open-Source-Software.

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