Vortrag: BigBlueButton für blinde iPhone-Nutzer

von Dennis Westphal

Erscheinungsdatum

Was müssen blinde Menschen eigentlich am iPhone tun, um erfolgreich an einer BigBlueButton-Videokonferenz teilnehmen zu können? Mit der Bitte um eine kleine Anleitung kam der Verein KOM-IN-Netzwerk e. V. auf uns zu.

Was ist der KOM-IN-Netzwerk e. V.?

"KOM-IN" leitet sich aus den beiden Worten "Kommunikation" und "Information" ab. In der Hauptsache stellen wir Informationen für blinde Menschen barrierefrei zur Verfügung. Wir produzieren Blindenhörzeitschriften und Podcasts, die nicht nur für Menschen mit Behinderungen interessant sind.

So beschreibt sich das Netzwerk selbst. Das war auch das Erste, was ich las, als die Anfrage per E-Mail kam. Da war mein Interesse natürlich sofort geweckt. Barrierefreie Informationen und Podcasts? Da konnte ich wirklich nicht "nein" sagen.

Der Eindruck bestätigte sich beim Telefonat. Ein sehr netter Kontakt und auch beim Gegenüber ein Faible für Open-Source. Wir einigten uns auf ein Tutorial für's iPhone und einen begleitenden Gastartikel. Der Umfang wurde klar umrissen: "Was müssen blinde Menschen tun, um einer Konferenz beizutreten, die mit einem Sicherheitscode geschützt ist, und um ihr Mikrofon freizugeben?"

Woher kam der Kontakt?

Interessant war, wie der Kontakt zustande kam. Erst gab es bei Mastodon die Frage, ob es ein solches Tutorial gibt oder jemand jemanden kennt, der es umsetzen könnte. Unter anderem kam als Antwort von Ferdinand Soethe der Hinweis auf unsere BigBlueButton-Screenreader-Tutorials.

Was wir daran wieder einmal sehen: Das Vernetzen in der Free-und-Open-Source-Szene führt zu spannenden Kontakten. Gerne möchte ich einen Einblick geben, wie sich die Arbeit an diesem Projekt gestaltete.

Ein steiniger Weg

Frisch motiviert machte ich mich ans Werk. Das iPhone hat ja eine Bildschirmaufnahme-Funktion, die neben dem Bildschirminhalt auch den Ton von VoiceOver aufzeichnet. Einen Probedurchgang und ganz viel Troubleshooting später war mir klar, dass es wohl doch nicht so einfach werden würde.

Sobald das Mikrofon beim iPhone aktiviert wird, nimmt die Bildschirmaufnahme den Ton nicht mehr auf. Also musste eine andere Lösung her. Plan B war, mit einem Adapter von Lightning auf 3,5 mm Klinke zu arbeiten. Ich weiß nicht, wie es in euren Kabelschubladen aussieht. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass dieser winzige Adapter mittlerweile ein besseres Leben irgendwo anders hat, wo er nie wieder arbeiten muss. Gut für den Adapter, schlecht für mich. Also brauchte es einen Plan C.

Plan C

Plan C bestand darin, dass ich meine Bettdecke über mich, meinen Laptop und mein iPhone zog und so drapierte, dass ich störende Nebengeräusche minimieren konnte. Dabei ganz wichtig: Nicht mehr als unbedingt nötig bewegen, denn jedes Rascheln wird ebenfalls aufgezeichnet. Ich habe mich dran gehalten. Meinem Laptop allerdings wurde es zu warm, so dass er lautstark auf sich aufmerksam machte. Am Ende hatte ich aber die Aufnahmen, die ich brauchte. Fehlten noch die Sprachaufnahmen.

Nochmal unter die Decke

Um möglichst klare Aufnahmen zu erhalten, ging es wieder unter die Decke. Sowohl ich als auch mein Laptop durften vorher aber erst ordentlich durchatmen. Die Aufnahmen klappten dann ohne weitere Zwischenfälle.

Bearbeitung

Die Bearbeitung des Ganzen (meine keineswegs heimliche Leidenschaft) zeigte, dass meine Sprachaufnahmen deutlich lauter waren als die, die ich vom iPhone vorher gemacht hatte. Nun galt es, einen Kompromiss zu finden. Einerseits mussten die Aufnahmen des iPhones lauter geregelt werden. Andererseits wollte ich Hintergrundgeräusche nicht zu prominent platziert haben. Ein High-Pass-Filter um 400 Hz nahm bereits die Bässe des Straßenverkehrs heraus, die sonst sehr aufdringlich geworden wären. Noch einen High-Shelf-Filter um 5000 Hz, um die Höhen etwas zu bändigen - und die iPhone-Aufnahmen waren nutzbar.

Die Sprachaufnahme bekam einen Equalizer und einen Kompressor verpasst und war damit auch einsatzbereit. Nun galt es nur noch, die Aufnahmen so zu schieben und zu schneiden, dass sich ein schlüssiger Beitrag ergibt. Das ist Detailarbeit, in der ich mich verlieren kann.

Als Letztes kam noch etwas musikalische Untermalung dazu, um die Einleitung und das Ende vom Hauptteil zu trennen. Hier stellte sich später heraus, dass ich einen Kompromiss eingehen musste, um die Lautstärkenverhältnisse richtig zu wählen. Was auf linearen Kopfhörern funktioniert, muss noch lange nicht auf grausam klingenden Laptop-Lautsprechern gehen.

Alles alleine?

Ob ich das alles alleine durchgezogen habe? Nein. Natürlich hatte ich Hilfe. Der eine oder andere Typo (Tippfehler) war sehr hartnäckig und wollte von Kollegen beseitigt werden - und als blinder Mensch brauchte ich bei der Bildbearbeitung ebenfalls Unterstützung. Aber dafür arbeiten wir ja im Team auch auf Distanz eng zusammen.

Das Ergebnis

Wer jetzt neugierig geworden ist, der findet den Gastbeitrag und die Anleitung als Audiodatei im KOM-IN-Netzwerk

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